Tabaksteuer
Tabaksteuer auf E-Liquids geplant
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant eine verstärkte Tabaksteuer, eine Besteuerung von Rauchalternativen E-Dampf und Erhitzer. Die Industrie läuft gegen den Tabaksteuer Plan Sturm.
Anpassung des Tabaksteuermodells
Das Modell der Tabaksteuer, das seit 2011 gilt, will Scholz anpassen, um explizit E-Zigaretten und Tabakerhitzer zu adressieren. Letztere werden aktuell (Stand: Juni 2021) als Rauchtabak nach dem Steuertarif für Pfeifentabak besteuert. E-Liquids unterliegen bislang noch gar keiner Tabaksteuer – auch dann nicht, wenn sie nikotinhaltige Substanzen enthalten. Das Bundesfinanzministerium kommuniziert nun auf seiner Webseite, dass man das Steuergesetz anpassen müsse, weil sich die Konsumgewohnheiten von Rauchern ändern, diese zu Dampfern werden und daher der Absatz herkömmlicher Tabakwaren zurückgehe.
Es geht dem Staat also schlicht darum, keine Steuereinnahmen zu verlieren, auch wenn aus gesundheitlichen Gründen der Abschied vom konventionellen Tabak zu begrüßen ist. Aus medizinischer Sicht sind E-Liquids auch mit enthaltenem Nikotin deutlich weniger gesundheitsgefährdend, denn die größten Gefahren drohen durch das Inhalieren der Verbrennungsgase von Zigaretten, Zigarren und Pfeifenrauch.
Ab wann könnte die neue Steuer greifen?
Das erneuerte Tabaksteuermodell soll schon ab dem 01.01.2022 greifen. Das geht aus einem Referentenentwurf zur Modernisierung des bestehenden Tabaksteuergesetzes hervor. Das neue Gesetz heißt dann etwas sperrig Tabaksteuermodernisierungsgesetz (TabStMoG). Tabakerhitzer dürften künftig der gleichen Steuer wie Zigaretten unterliegen. Auch E-Liquids sollen der Tabaksteuer unterliegen, aber erst ab dem 01.07.2022. Zu vermuten ist, dass nur nikotinhaltige Liquids der vollen Besteuerung unterliegen.
Drastische Verteuerung von E-Liquid
Die Industrie positioniert sich bereits gegen die Pläne aus dem BMF und kritisiert vor allem eine vollkommen unverhältnismäßige Verteuerung von E-Liquids. Der Vorsitzende des VdEH (Verband des eZigarettenhandels) Michal Dobrajc rechnete vor, dass sich der Preis von E-Liquiden verdreifachen könne. Dies leitete er aus dem Referentenentwurf ab. Dieser nennt eine erste Steuerstufe von 0,02 €/mg und eine zweite Stufe von 0,04 €/mg Nikotin im Liquid.
Das würde bedeuten, dass für handelsübliches E-Liquid, wie es nach dem TabakerzG (Tabakerzeugnisgesetz) maximal zulässig ist, in der 10-ml-Flasche mit 20 mg/ml Nikotin die Steuerlast auf 9,52 € (inklusive Mehrwertsteuer) steigen könne, was beim derzeitigen durchschnittlichen Verkaufspreis von ~5,- € eine annähernde Verdreifachung des Preises bedeuten könne. Nun protestiert zwar der VdEH, sucht aber gleichzeitig den Dialog mit dem BMF.
Gesundheitspolitik
Dabei führen die Händler die Gesundheitspolitik ins Feld. Ihre ersten Statements veröffentlichten sie nicht umsonst in der Ärztezeitung. Vertreter des BfTG (Bündnis für Tabakfreien Genuss) positionierten sich ebenfalls bereits gegen die vorliegenden Steuerpläne. Das BfTG vertritt KMU aus der E-Zigarettenbranche, die ~75 % der Liquide und E-Zigaretten in Deutschland absetzen. BfTG-Vertreter fordern den Bundesfinanzminister zum Umdenken auf. Die unverhältnismäßige Steuer werde das gesundheitspolitische Ziel schwächen, durch E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung beizutragen, heißt es in der BfTG-Stellungnahme. Raucher und Dampfer seien sehr preissensibel.
unverhältnismäßig hohe Steuer
Sie könnten bei konventionellen Tabakwaren bleiben, wenn das Dampfen viel teurer als das Rauchen würde, was nach den derzeitigen Plänen anzunehmen sei. Daher würden durch eine unverhältnismäßig hohe Steuer auf Liquide und Tabakerhitzer die Gesundheit verlieren, die Tabakindustrie hingegen gewinnen. Man müsse den Konsumenten im Gegenteil den Anreiz einer finanzieller Ersparnis bieten, damit sie sich vom Tabakrauch verabschieden und dies unter anderem durch den Umstieg auf das Dampfen schaffen könnten. Das gesundheitliche Risiko werde durch Dampfen vs. Rauchen um 95 % reduziert, dies hätten diverse Studien der vergangenen Jahre belegt.
Kein Handlungszwang zur Steuererhöhung
Beide Verbände verneinen strikt einen derzeitigen Handlungszwang, in Deutschland die Steuern auf E-Liquide und Tabakerhitzer so schnell zu erhöhen. Die EU arbeite derzeit bereits an einer Novellierung ihrer Tabaksteuerrichtlinie, welche auch eine E-Zigarettensteuer einschließe, heißt es unisono vom VdEH und vom BfTG. Diese Ergebnisse könne man abwarten, zumal sie schon im dritten Quartal 2021 vorliegen sollen. Der hiesige E-Zigarettenhandel leide ohnehin schon unter unterschiedlichen Auslegungen der EU-Vorgaben durch einzelne Mitgliedsstaaten der Union. Sollte nun Deutschland eine europapolitisch unkoordinierte Zusatzsteuer einführen, könne dies die Situation nur noch verschärfen, so der BfTG-Vorsitzende Dustin Dahlmann. Ein verändertes Preisgefüge zuungunsten der E-Zigaretten würde zudem unweigerlich das Konsumverhalten drehen und den Trend zur E-Zigarette, der für die Raucherentwöhnung so essenziell sei, umkehren.
Ausweichbewegungen
Es werden dann wieder Ausweichbewegungen der Dampfer zu den viel schädlicheren Zigaretten geben. Der VdEH verweist dabei auf Erfahrungen, die aus anderen EU-Mitgliedstaaten schon vorliegen. So hatte Italien 2014 eine Steuer auf Liquide eingeführt, die nur halb so hoch wie die derzeit in Deutschland geplante war. Daraufhin sank die Zahl der Dampfer um 70 %, es mussten 75 % der Fachhandelsgeschäfte schließen. Gleichzeitig stieg der Umsatz der Tabakwaren. Außerdem entstand ein florierender Schwarzmarkt mit unversteuerten Liquiden. Im Jahr 2018 senkte die italienische Regierung schließlich diese Steuer um 90 %, um die unerwünschten Auswirkungen abzubremsen. In Ungarn und Estland habe es ähnliche Erfahrungen gegeben. Darüber hinaus zitieren die Verbandsvertreter eine Studie zur europäischen Richtlinie 2011/64/EU zur Struktur von Tabaksteuern. Diese würden den Schwarzhandel generell fördern, je höher sie ausfielen. Belege gebe es hierfür aus Italien, Litauen und Portugal, die deutliche Steuerausfälle beklagen.
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[…] als Rauchen und außerdem 95 % weniger gesundheitsschädlich. Es bleibt zu hoffen, dass es die Steuererhöhungen auf Liquide, wie sie derzeit das BMF plant, doch nicht ab 2022 […]
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